Offener Yogabrief
- Wie der Yoga in mein Leben kam
- Begegnung mit Leopolo Chariarse und Jean Klein
- Entwicklung zum YOGA der Präsenz
Liebe Yogafreunde,
Wie der Yoga in mein Leben kam
Vielleicht erscheint dieser Begriff “Yoga” immer öfter in deinen/Ihren Gedanken und du bist geneigt, dem einmal nachzugehen und einen ersten Yogakurs zu besuchen. Vielleicht kommt auch hinzu, dass du gerade sehr viel Stress erlebst in deinem Leben oder echte Beschwerden deines Körpers sich in dir melden.
Ähnlich war das auch für mich, als ich vor gut 30 Jahren mit Yoga in Berührung kam. Es war zu meiner Studienzeit, wo ich mich ziemlich alleine fühlte in meiner kleinen Studentenwohnung in Mönchengladbach und obwohl ich mein Studium der Bekleidungsgestaltung gewählt hatte war die Orientierung noch gar nicht so klar. Es war eher ein Zeitabschnitt in meinem Leben, der mit Einsamkeit und sich noch nicht am richtigen Platz zu wissen einherging.
Es war in dieser Zeit, dass der Yoga in mein Leben trat. Meine Mutter hatte mir damals erzählt, dass sie Yoga entdeckt hätte und wie gut es ihr täte. Ich fing dann tatsächlich autodidaktisch mit einem kleinen einfachen Büchlein an (von Karen Zebroff). Ich las mir die Beschreibungen der verschiedenen Haltungen durch und praktizierte sie. Es packte mich so sehr, dass ganz leicht eine bis anderthalb Stunden vergingen und ich diese unglaubliche Wohltat empfand, die diese Übungen mir bereiteten. Diese Dehnungen in Stille ließen mich in die Haltungen schmelzen, das Spüren des Körpers, seiner feinen Energien und die des Atems nahmen meine ganze Aufmerksamkeit ein. Die Zeit verging wie im Fluge, mein Geist beruhigte sich und so wurde ich mir selbst sozusagen zur Wohltat. In diesen Zeiten beherrschten mich keine Gedanken mit ihren Forderungen von: “Du sollst! — du wolltest doch! — du hättest schon längst! …” Nein! — in dieser Zeit der Praxis entdeckte ich für mich die Zeitlosigkeit, das Okay-sein in mir selbst, Ausdehnung, Entspannung und auch inneren Frieden.
Das, worauf der Yoga verweist, zeigte sich mir direkt als tatsächliche Erfahrung und ich wusste ohne jeden Zweifel, dass es hier für mich weiter geht. Das Verständnis für das, was den Yoga ausmacht und worauf er in seiner Tiefe aufmerksam macht, wuchs erst allmählich. Ich besuchte öffentliche Yogakurse und es gab Zeiten, wo ich keine Yogakurse besuchte, doch tatsächlich hat der Yoga mich sozusagen nicht mehr verlassen.
Nachdem ich dann bereits einige Jahre Yoga praktizierte, beendete ich mein Ingenieurstudium und hatte auch schon parallel die Yoga-Lehrer-Ausbildung begonnen.
Begegnung mit Leopolo Chariarse und Jean Klein
Mit der Yoga-Lehrer-Ausbildung einher ging die Begegnung mit zwei für mich sehr wesentlichen Menschen und Yogameistern. Dies sind Leopoldo Chariarse (Yogalehrer, Anthropologe, Musiker und Dichter, Gründer der GGF/Düsseldorf) und sein Lehrer Jean Klein (Arzt, Musikwissenschaftler, Yogalehrer, Advaita-Vedantin (derjenige, der das wahre Selbst verwirklicht). Leopoldo Chariarse eröffnete mir tatsächlich eine ganz neue Welt. Sein tiefes Verständnis des Yoga und seine wunderbare offene, leichte, kreative, inspirierende und umarmende Art und Weise als Mensch ließen mich in meinem ganzen Wesen tief aufatmen. Etwas in mir wurde tief berührt und ich wusste sehr klar, dass mein Lebensweg hier weiter geht.
Durch Leopoldo Chariarse lernte ich auch seinen Lehrer, Jean Klein, kennen. Und wieder jubelte meine Seele, weil etwas in mir so tief berührt wurde. Und das fügte sich mit der Ahnung in mir, dass Yoga mehr sein musste, als die Praxis einer wohltuenden Körperarbeit. Jean Klein, als ein anerkannter Meister, wies direkt in die Tiefe unseres Seins, auf das wahre Wesen, auf unsere ursprüngliche Natur. Und er sagte zu uns allen: “Behalten Sie diesen Duft!”
Und tatsächlich hat mich dieser “Duft”, diese Ahnung in den letzten 20 Jahren nicht verlassen. Er war sozusagen der Wegweiser zu mir selbst und entpuppte sich als die innewohnende Intuition. Jean Klein verwies auf das Wissen hinter dem Wissen, das sich nur in der Stille des Verstandes offenbart. Und es ist ja so, dass wir uns normalerweise gar nicht darüber bewusst sind, wie wir ständig den Gedanken in uns unsere Hauptaufmerksamkeit schenken. Jedem Impuls, der über irgendeinen unserer Sinne zu uns kommt, folgen wir ohne ein Hinterfragen in ständige Gedankengirlanden. Unser psychologisches Leiden resultiert daraus und das bedeutet, dass wir nicht glücklich sind.
Jean Klein verwies auf das Sein, welches sich unter der Unruhe der Gedanken als lebendige Stille in uns offenbart, wenn sich unsere Aufmerksamkeit entsprechend ausrichtet. Unsere gewohnheitsmäßige gesellschaftliche Ausrichtung auf ein ständiges Werden, eine Zielorientierung in Richtung schöner-besser-interessanter dient uns nicht, wenn wir unser zugrunde liegendes Sein enthüllen wollen. Es braucht die Wendung unserer Aufmerksamkeit nach innen. Und damit beginnt Yoga.
In dem Sinne machte Jean Klein auf eine notwendige innere Haltung aufmerksam, die wesentlich ist für die Ausrichtung des YOGA der Präsenz, wie ich ihn lehre:
- Wenn es dich weiterhin interessiert, deine Ideen von dir selbst noch weiter zu perfektionieren; ständig irgendwelchen nicht zu erreichenden Idealen hinterher zu jagen, dann wirst du dir selber niemals begegnen können. Jedenfalls nicht unter der Maske der Person (Persona = griech. Maske). Und das bedeutet immer wieder Leiden.
- Wenn es dich interessiert, dich in deinem wahren Sein tiefer zu gründen, dann braucht es eine ganz andere innere Haltung: gemeint ist eine wirklich wohlwollende innere Qualität dir selber gegenüber. Es ist die Qualität von spürendem Lauschen und unschuldiger Offenheit. Dadurch kann ein Weiten und Ausdehnen von der Enge der Ich-Persönlichkeit in die Weite deines ursprünglichen Seins entstehen. Und dies bringt dich deinem Authentisch-sein näher. Denn was will es wirklich in dir? Was ist es, wohin dein Herz dich ruft? Welcher Same bist du selbst, dem seine potentielle Entfaltung innewohnt?
In unserer Praxis der Körper- und Atemarbeit ist diese innere Haltung von achtsamer Gegenwärtigkeit (Präsenz) wesentlich. Erst unsere innere Sicht ändert unser Erleben und Erkennen. Dies sowohl in der Yogapraxis, als auch in unserem Alltag.
Jean Kleins Hinweise gingen über die übliche Yogapraxis hinaus und wiesen auf die Selbsterforschung der Frage “Wer bin ich wirklich?
Jean Klein inspirierte nicht nur meine persönliche Ausrichtung, sondern auch mein Yogaverständnis. Heute sehe ich die Ausrichtung meiner Arbeit mit dem Namen “YOGA der Präsenz — Weg der Stille” als ein “Bereiten des Bodens”, welches eine innere Qualität unterstützt, die ein Sich-Gründen und Ruhen in sich selbst unterstützt und ein tieferes Erkennen ebnen kann.
Für mich folgte nach der Begegnung mit Jean Klein vor allem erst einmal der Ruf zur Meditation. Ich experimentierte mit den verschiedenen Meditationsrichtungen. Und da zuerst mit der Vipassana Meditation bei S.N. Goenka in Indien und bei Ayya Khema im Allgäu. Auch holte ich mir Einblicke in die Arbeit des Zen, des Tibetischen Buddhismus und Dzogchen. Ferner ging ich für 10 Tage in ein Einzel-Dunkelretreat (bei Holger Kalweit), eine archaische Selbsterfahrungs-Methode.
Es folgten viele Reisen mit meinem Lebensgefährten nach Asien, vor allem nach Indien, wo dann später auch unser Sohn Noah geboren wurde. Um es kurz zu machen — Indien verstärkte in mir vor allem das Urvertrauen und die Stimme der Intuition.
Entwicklung zum YOGA der Präsenz
Vor ungefähr 10 Jahren kam die Auseinandersetzung mit der Arbeit Jean Kleins wieder verstärkt zurück in mein Leben. Neben der intuitiven Arbeit kam die intellektuelle und direkte Erforschung mehr in meine persönliche Übungspraxis und damit die Auseinandersetzung mit dem Advaita Vedanta (Lehre der Nicht-Dualität) und seiner praktischen Seite des Jnana-Yoga (Yoga des Erkennens).
Der YOGA der Präsenz ist die Kulmination meiner Auseinandersetzung mit Yoga und Meditation und der Inspiration durch die Sichtweise Jean Klein`s, die ich in der von ihm geführten Körperarbeit, sowie den Dialogen erhielt und vertiefte. Der YOGA der Präsenz ist kein neuer Yoga. Es geht vielmehr um den speziellen Fokus, den ich gebe und der alle Aspekte unseres Seins als Körper-Atem-Energie-Spüren-Denken-Bewusstsein mit einbezieht.
Wenn wir uns der Präsenz als Gegenwärtigkeit hier und jetzt bewusst werden, dann entwickeln wir eine erhöhte Bewusstheit in den Körperhaltungen, den Bewegungen und Körperempfindungen, im Fließen des Atems, in unseren Gedanken,…. im Alltag, im Leben. Und dann entdecken wir uns als die Kostbarkeit des Lebens selbst. Wenn wir uns der Präsenz als unserer zugrunde liegenden Natur bewusst werden, gründen wir uns immer mehr in uns selbst mit den Qualitäten von völligem Okaysein wie wir sind, innerem Frieden, Freiraum, Freude und Urgeborgenheit.
Dies verwirklicht sich nicht in einem Kurs! Es ist eher eine neue Sichtweise auf uns selbst und die Welt und jeder Schritt in Richtung Präsenz wirkt sich positiv aus. Auf längere Sicht kann sich die Präsenzerfahrung festigen und vertiefen und uns damit eine ganz neue Lebensqualität eröffnen. Hierfür biete ich erweiterte Angebote an: siehe Kurse & Seminare. Für mich war und ist es diese Begegnung mit der Welt des Yoga, die sich mir vor 30 Jahren zu enthüllen begann, die mir wesentliche, inspirierende, wohltuende, zentrierende, Halt gebende und erkennende Impulse für mein Leben und Selbst-Verständnis gibt.
Liebe Yoga-Freunde — was ich den Teilnehmern meiner Kurse immer gerne sage, ist: “Nehmt euch, was gut und stimmig für euch ist und alles andere lasst einfach liegen!”
In dem Sinne wünsche ich euch/ Ihnen viel Freude beim Entdecken des Yoga. Und wenn ihr euch einwenig umschaut und vor allem in euch selber lauscht, werdet ihr mit Sicherheit, das für euch gerade Stimmige finden. Yoga ist unglaublich reich und vielfältig!
Der Fokus, wie ich ihn mit dem YOGA der Präsenz setze ist eine Möglichkeit. Wenn es dich anspricht freue ich mich auf dich/auf Sie.
Lilli Kauertz